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Vielen Dank für die Kerzen, Mama!

Was, er hatte Geburtstag?!

Wenn ihr das gerade gedacht habt, バカ、テメー!Samstag ist vorbei, es ist zu spät.
Allen anderen, vielen vielen Dank für die Geburtstagsgrüße!

Aber nun zu meinen Erlebnissen. Ich habe wirklich Glück gehabt, ich konnte dieses Wochenende so viele schöne Dinge erleben!
An beiden Tagen bin ich nach Kyoto gefahren, um mir Japans Wiege der Kultur anzuschauen.

Tag 1: Kyotos Osten

Mit dem Special Rapid (新快速, lokaler Express-Express) bin ich zum Hauptbahnhof von Kyoto über Osaka gefahren. Es wurde zeitweise ziemlich voll, obwohl Wochenende und damit kein Pendelverkehr. Die Fahrt hat eine Stunde gedauert.
Um zehn Uhr kam ich an und traf mich mit meinem Touristenführer Ryo, einem Student an der Universität von Kyoto. Er war echt nett und sprach zudem perfekt Englisch.
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Manche sind beim ersten Besuch geschockt, wenn sie statt den Tempeln und kleinen verwinkelten Gassen eine Großstadt vor Augen haben, sobald sie den Bahnhof verlassen.
Gut, dass ich bescheid wusste, so war ich nur etwas überrascht. Typisch Japan sind sogar an den Bushaltestellen Kühlanlagen aufgebaut.
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Im Gegensatz zu Kobe oder Osaka liegt Kyoto inmitten von Bergen, so dass das Wetter nochmal einiges heißer als an den Küstenstädten ist.
Mit dem Bus (es gibt zwar auch zwei U-Bahnen, aber die sind nahezu unbrauchbar) fuhren wir zu unserem ersten Stop: dem Sanjusangendo.
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In diesem Tempel stehen 1001 Statuen von Buddha und überall roch es nach Räucherstäbchen. Man durfte leider keine Fotos machen. In der Mitte des Tempels steht eine riesige Buddha-Statue mit 42 Armen. Mit diesen Armen kann Buddha 1000 Menschen beschützen (40 Arme * 25 Menschen pro Arm = 1000 Menschen – so einfach ist Mathe). Das übrige Paar ist zum Gebet gefaltet. Um ihn herum haben sich 18 Götter des Buddhismus versammelt, unter anderem der Gott des Donners. Der Name des Tempels (Sanjusan) kommt von den 33 Zwischenräumen zwischen den tragenden Pfeilern.
Ryo machte mich darauf aufmerksam, dass es oft vorkomme, dass innerhalb eines Tempels (Buddhismus) ein Schrein (Shintoismus) steht. Das zeigt die enge Verbundenheit der zwei koexistierenden Volksreligionen.
Von da aus ging es zu einem der Topziele jedes Kyoto-Besuchers: dem Kiyomizu Tempel. Der Tempel liegt im Südosten Kyotos und liegt auf einem kleinen Berg.
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Auf der “Terasse” konnte man einen herrlichen Ausblick genießen.
Übersetzt heißt Kiyomizu reines Wasser. Unterhalb des Tempels gibt es einen Wasserfall, an dem man dieses reine Wasser trinken kann. Weil aber die Schlange viel zu lang war, haben wir das ausgelassen.
Wir beide haben uns auch jeweils ein Omikuji gezogen. Das sind Vorhersagen, ob einem Glück oder Unglück widerfahren wird.
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Ryo hat für mich übersetzt und meinte, ich werde in Zukunft eher Glück haben. In neun aus zehn Streits Diskussionen soll ich recht behalten, meine Ehrlichkeit soll durch Glück belohnt werden und mit der Liebe soll es auch bald klappen.
Langsam kam uns der Hunger auf, deswegen sind wir ein Restaurant am Rand des Gion-Viertels gegangen.
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Ich habe mir Udon (dicke Nudeln in Brühe) und Donburi (Reisschüssel mit “Belag”) mit Rindfleisch und Ei gegönnt. War sehr lecker. Zusammen haben wir uns noch ein Bier geteilt. (Wehe jetzt kommt mir einer mit Alkohol ab 20! Ich habe Geburtstag.)
Gestärkt quetschten wir uns wieder in einen Bus und fuhren weiter nach Norden. Wir kamen nach einiger Fahrzeit an der Station Ginkakuji-mae an, und liefen den Rest des Weges zum – na, wer kommt drauf? – Ginkakuji.
Gin bedeutet Silber und Ginkakuji ist der silberne Tempel. So wird er zumindest genannt.
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Von der prächtigen Farbe fehlt allerdings jede Spur. Das hat auch seine Gründe. Ryo erklärte mir, es gäbe zwei Stilrichtungen in Kyoto. Die des Ostens, in der mehr auf Zurückhaltung und schlichte Schönheit gelegt wird, und die des Westens, wo Prunk und Glanz im Mittelpunkt stehen. Mehr zum Westen am Sonntag.
Auf dem Rückweg zur Haltestelle kaufte ich mir (mal wieder) ein Maccha-Eis, diesmal in einer etwas anderen Zubereitungsart:
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Wie ein Burger Zu Amerikanisch Umhüllt wird die Maccha-Creme von einer Art Brötchen aus Reismehl. Sehr interessant. Ryo hat sich ein Gakidori-Eis geholt (das geschabte Eis, siehe meine ersten Tage in Kobe).
Die Zeit verging wie im Flug, es war schon drei Uhr, als wir am Heian-Schrein ankamen. Dessen Gelände und Garten sollen eine Miniaturnachbildung des Kaiserlichen Palastes sein.
Vor ihm steht das größte aller Toriis.
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Der Garten, der auch zum Gelände zählt, war auch wieder sehr schön angelegt und man hat sich viel Mühe gegeben, ihn herzurichten.
dsc_6473Nur die Straßenbahn wirkt fehl am Platz
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Ich wollte um fünf den Zug nach Hause nehmen, deswegen hatten wir nur noch Zeit für eine Station. Ich schlug vor, das Handicraft Center zu besuchen. Ryo war selbst noch nicht dort gewesen. Es wurden verschiedene handgefertigte Güter ausgestellt, die auch erworben werden konnten.
dsc_6495Zum Beispiel diese Katana
Ich muss an diese Stelle einen kurzen Exkurs machen. Erinnert ihr euch noch an das Mädchen, das ich auf dem Weg nach Maiko kennengelernt habe? Sie heißt Izumi und wir haben uns für Samstag Abend verabredet, um gemeinsam das Feuerwerk anzusehen. Sie erzählte mir, sie wollte einen Kimono tragen (wie sich das für ein Hanabi gehört).
Nun stand ich also in diesem Laden und sie hatten unter anderem eine Kimono-Abteilung. Ich überlegte kurz und suchte mir dann einen Yukata aus. Ein Yukata ist so ähnlich wie ein Kimono, aber der Obi (Gürtel) ist einfacher zu binden. Also kaufte ich mir einen Yukata samt Obi und passender Schlappen als Geburtstagsgeschenk.
dsc_6676So sah das dann aus. Foto ist abends entstanden.
Ich lies ihn mir einpacken und zusammen mit Ryo fuhr ich zurück zum Bahnhof. Dort verabschiedeten wir uns und jeder fuhr mit einem Zug zurück. Der Special Rapid nach Kobe war ziemlich voll, aber in Osaka leerte es sich ein bisschen. Bis in Kobe hatte ich immer noch Zivilkleidung an, wie ich mich umgezogen habe, lasse ich lieber unerwähnt.
dsc_6497Menschenmassen am Bahnsteig von Sannomiya

Hanabi again

Izumi wartete schon auf mich, Japaner sind natürlich immer überpünktlich. Ich wollte meine Sachen in einem Schließfach verstauen, aber alle! waren benutzt. So musste ich alles mit mir herumschleppen.
Feuerwerk KarteWir waren am Punkt 8
Das Feuerwerk wird aus dem Hafenbecken abgeschossen und lässt sich von verschiedenen Positionen beobachten. Wir dachten uns, dass der Bereich um Harbourland und Meriken Park überfüllt sein würde, also versuchten wir unser Glück auf Port Island.
Die einzige Möglichkeit (ohne Auto) auf Port Island zu kommen ist, den Port Liner zu nehmen. Er ist ein vollautomatischer Zug ohne Fahrer.
Aber auch dort war es voll und es wurde eng. Den Menschenmassen folgend fanden wir ein schönes Plätzchen am Wasser auf einem kleinen Hügel.
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dsc_6504Wir waren leider nicht die Einzigen
Und los ging es.
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dsc_6657Perfektes Timing
Wir haben uns kurz vor dem Finale auf den Weg gemacht, um dem größten Strom zuvorzukommen. Leider waren wir nicht die Einzigen mit der Idee. Der Port Liner war zum quetschen voll! Das war nicht mehr voll, das war Sardinenbüchse. Man fühlte sich wie in der Tokyoter U-Bahn zu Stoßzeiten – nur die Schieber fehlten. Ein Vorteil hatte es: Man brauchte sich nicht mehr festzuhalten, weil man sich sowieso keinen Millimeter mehr bewegen konnte.
Zurück in Sannomiya gingen wir noch Puris machen. Fragt besser nicht, was das ist, es ist einfach Japanisch.
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Kurze Erklärung: Puri(kura) sind spezielle Fotoautomaten, bei denen man die gemachten Fotos mit allerhand Hintergründen, Stickern und Schrift verzieren kann.
Das war nicht mein erstes Mal, aber die Maschine war so anders, dass ich trotzdem nicht ganz mit kam.
Tut mir leid, aber ich werde euch die Puris nicht zeigen. Der Algorithmus 萌え-fiziert dich und macht dich とても かわいい. Und mich hat er in ein Mädchen verwandelt – so sieht es zumindest aus. Auf den Fotos habe ich große Glitzeraugen. あたしわ かわいいでしょねえ?!
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Izumi hat vor lauter Spaß ganz die Zeit vergessen. Sie hatte sich eigentlich vor einer halben Stunde mit Freunden verabredet. Sie zischte davon und ich habe mich auf den Weg nach Hause gemacht.
Weil ich noch nichts gegessen habe, habe ich mir an einem Imbissstand Takoyaki mit Extra-Lauch bestellt. Damit endete der Tag.
Ein großartiger Tag! Hatte selten an einem Geburtstag so viel Spaß gehabt und erlebt. Das die Japaner aber extra ein Feuerwerk für mich organisieren würden, übertraf meine Erwartungen um Längen.

Tag 2: Das andere Kyoto

Sonntag begann ähnlich wie der Tag zuvor, ich nahm wieder den Expresszug nach Kyoto. Diesmal war ich aber auf mich allein gestellt, weil ich für den zweiten Tag keinen Führer gebucht habe.
Mit dem Bus bin ich als Erstes zum zweiten Touristenmagneten der Stadt gefahren: Kinkakuji. Nur ein Buchstabe Unterschied, aber trotzdem etwas ganz anderes.
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Kin (金) bedeutet Gold, und diesmal stimmt der Name auch. Es war erwartungsgemäß voll und mal wieder hauen mich die Japaner vom Hocker: Wer braucht ein iPad zum fotografieren, wenn er einen Nintendo 3DS hat!
Von dort lief ich zu einem nahe gelegenen Tempel: Ryōan-ji.
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Bekannt ist er für seinen Zen-Garten Hojo-Teien, der statt Pflanzen aus einem Meer aus Steinen besteht – für Laien zumindest. Experten sehen darin verschiedenste Dinge. Interessanterweise ist es unmöglich, alle Steine gleichzeitig zu sehen.
Mit dem Bus ging es anschließend zur Burg Nijo. Das Gelände besteht aus zwei Palästen und einem Garten. Innerhalb der Gebäude war Fotographie verboten, deswegen kann ich euch nur Bilder vom Garten zeigen.
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Der Palast Ninomaru war zur Besichtigung geöffnet. Dort konnte man das damalige Geschehen miterleben, mit Puppen und Audioansagen fühlte man sich (fast) wie in der damaligen Zeit interessant ist, dass der quietschende Flur kein Missgeschick war, sondern dem Schutz vor Feinden diente.
Von der Burg aus war das Shopping-Zentrum nicht mehr weit entfernt und auch der Hunger kam mir langsam auf. Aber vorher habe ich noch einen Abstecher ins internationale Mangamuseum gemacht.
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Die Anzahl der Mangabände war überwältigend und viel größer als die von Hiroshima. Man konnte sich jeden Band aus dem Regal greifen und darin lesen – eine Gelegenheit, die viele genutzt haben. Es gab sogar eine internationale Ecke, wo ich mir einen Band von Evangelion gegriffen habe.
10 Querstraßen weiter war ich in der Shoppingstraße schlechthin. Die Geschäfte reihten sich zu beiden Seiten und die Händler versuchen mit riesige Schildern und verstärkten Rufen die Kunden anzulocken.
Biegt man an der richtigen Ecke ab, findet man den Nishiki-Markt. In einer langen, aber engen Straße reihen sich unzählige Händler für Lebensmittel aneinander.
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Eingekauft habe ich allerdings nichts. Ich hatte inzwischen ziemlichen Hunger, es war schon vier Uhr, und in der Marktstraße fanden sich nur roher Fisch und Gemüse. Also bin ich zurück in die Shoppingstraße und wurde von einem großen Schild mit 20 verschiedenen Parfaits eines Familienrestaurants angelockt. Hier seht ihr die Karte:
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dsc_6716Und es war lecker!
Ich hatte immer noch Zeit bis zum Sonnenuntergang, also entschied ich mich spontan, den Inari Schrein zu besuchen.
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Hier ist die Welt noch in Ordnung. Keine Großstadt, vielmehr das kleinstädtische Japan, so wie man es sich vorstellt. Und das nur 10 Minuten aus Kyoto heraus.
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Bekannt ist der Schrein durch seine 1000 Torii. Ja, 1000. Ich habe aber bei 258 aufgehört zu zählen. Gut, die Zahl ist aus der Luft gegriffen. Habe bei 12 aufgehört.
Wollte man alle 1000 Torii sehen, (die im Grunde ja alle gleich aussehen), musste man ein gutes Weilchen den Berg erklimmen. Um mein Parfait zu rechtfertigen die Schönheit zu genießen, bin ich ein Weilchen dem Pfad gefolgt. Ungefähr bei der Hälfte bin ich dann umgedreht und zurück gegangen. Weiter oben ist das einzige Geräusch das überall gegenwärtige Zirpen der Zikaden. Als ich diesen verlassenen Pfad entlang unter all diesen Toren und Schreinen (korrekter Plural?) gelaufen bin, kam ich mir wie in einer anderen Welt vor.
Unten am Fuße liegt der eigentliche Schrein.
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Zurück am Bahnhof von Kyoto fuhr ich nach Kobe zurück. Diesmal war es nicht ganz so voll und ich konnte einen Sitzplatz ergattern.
Auf dem Weg nach Kitano ist mir eine Leuchtschrift aufgefallen, die entweder vorher nicht da war, oder die ich die ganze Zeit übersehen habe:
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Das war mein Wochenende. Meine letzte Woche 10 Tage brechen an und es gibt immer noch eine Menge zu sehen und zu erleben. Was das alles sein wird, könnt ihr Ende der Woche lesen.
Wieder beglückwünsche ich den fleißigen Mitlesern, es sind diesmal über 2000 Wörter.

Ein ganz besonderer Geburtstag
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